Die Kirche Kuppentin gehört zu den ältesten Dorfkirchen Mecklenburgs. Urkundlich wurde sie 1235 erstmalig erwähnt. Der damalige Bischof Brunward von Schwerin bestätigte in diesem Jahr das 14 Dörfer umfassende landesherrliche Kirchspiel von Kuppentin neben dem Kirchspiel von Plau.Zuvor gaben der Fürst Burwy und sein Sohn Heinrich das Land Plau, zu dem auch das Gebiet von Kuppentin gehörte, zur Besiedlung frei. Es war die Zeit der Kolonialisierung und Christianisierung des slawischen Gebietes durch Deutsche aus dem Norden und Westen des bereits bestehenden Mecklenburgs. Slaven wohnten bereits vor den deutschen Zuwanderern in Kuppentin oder in der Nähe.
Zwei nahe gelegene Slavenburgen sowie archäologische Funde legen davon Zeugnis ab. Slaven gaben dem Ort Kuppentin den Namen Ort des Kobolds‘ Kuppentin lag inmitten dichter Urwälder, Gewässer und Sümpfe. Besonders in den nebligen Herbsttagen und langen dunklen Winternächten gab es für die abergläubischen Menschen dieser Zeit Grund genug, an Geister und
Kobolde zu glauben.
Auf einer kleinen Erhebung in diesem Gelände wurde die Kirche erbaut. Die Pfarre Kuppentin war anfangs Patronat des Landesfürsten, ging aber sehr bald in ritterschaftliche Patronate über. Vom 12. bis 14. Jh. und es ist anzunehmen, auch noch im 15. Jh. war Kuppentin eine reiche Pfarre.
In dieser Zeit entstand der Langhausbau und der Chor. Die fehlende Fortsetzung des Umbaus der Kirche ist wahrscheinlich auf den wirtschaftlichen Rückgang infolge von Unruhen im Lande und die Auswirkungen der Reformationszeit zurückzuführen.
Architekturgeschichtlich gehört die Kirche zu den bedeutendsten Dorfkirchen Mecklenburg-Vorpommerns. Erhalten geblieben aus der Zeit ihrer Entstehung ist der aus Feldsteinen errichtete Saalbau (Langhaus). Der im 15. Jh. errichtete gotische Chor stellt eine Besonderheit im mecklenburgischen Raum dar. Dieser imposante Bau beeindruckt durch seine Größe und legt Zeugnis von der wirtschaftlichen Bedeutung des Sprengels der damaligen Zeit ab.
Das Langhaus
Das Langhaus ist der älteste Gebäudeteil der Kirche. Baubeginn war etwa vor 1235.
Er ist ein schwerer und niedriger Feldsteinbau mit über einen Meter dicken Mauern und schmalen Schlitzfenstern in schrägen Wandungen. Der Bau zeigt den Übergang vom romanischen zum gotischen Stil. Die kleinen schmalen Schlitzfensteröffnungen sind aus Backsteinen mit darüberliegendem Rundbogenfries gestattet.
Die drei schmalen Fenster der Nordseite mit schräger Leibung und einem Rücksprung sind in leicht gespitzten Rundbögen geschlossen.
Die 3 Fenster der Südseite, die wahrscheinlich nachträglich verändert wurden, haben eine gerade Leibung sowie ein Kanten- und Fasenprofil, ebenso
das spitzbogige Nordportal.
Im Innern ist der Raum durch eine
flache Holzdecke abgeschlossen.
Der Chor
Der Chor stammt aus dem 15. Jahrhundert. Er ist ein zierlicher, schlank und elegant auf einem Granitfeldsteinsockel emporgeführter und gewölbter Backsteinbau der Gotik (siehe Schlie 4. Bd. S. 606). Der Chor von Kuppentin ist bemerkenswert, da in der damaligen Zeit die Abmessungen der Neubauten
bescheiden und einfach waren, der
Bau aber dieses Chores großzügig
angelegt wurde.
Der mit fünf Seiten aus einem Zwölfeck gebildete Chor mit seinen hohen, schlanken Fenstern und dazwischenliegenden Strebepfeilern überragt mit seinem Dachfirst den des Langhauses um einige Meter. Der Innenraum ist breit und geräumig. Im Chorinnern wurden aus dem Altbau übernommene Rundformen verwendet.
Der Chor war durch extrem starke Neigung vor allem des Westgiebels stark gefährdet. Die Instabilität des Mauerwerkes des Chores muß bereits vor Jahrhunderten erkennbar gewesen sein. Davon zeugen die 3 Zuganker aus Rundholz und die Strebepfeiler an der Außenwand. Ein Strebepfeiler wurde direkt in die Fensteröffnung gestellt.
Die Chorfenster sind spitzbogig geschlossen und haben ein Leibungsprofil aus Rund- und Viertelstab. Der Chor besaß ursprünglich an den Westenden der nördlichen und südlichen Seiten zwei kleine Kapellen bzw. Sakristeien. Die nördliche Kapelle ist erhalten geblieben und diente als Grabkapelle.
Der Turm
Der Turm wurde im 18. Jh. als Holzturm angelegt. Er zeigt eine interessante Holzkonstruktion.
Die Abdeckung des Daches/ Turmhelmes ist mit Holzschindeln, bestehend aus kanadischer Rotzeder, versehen. Die 2 m hohe Bekrönung besteht aus einem Eisenkreuz und einer Metallkugel.
Ursprünglich waren 2 Glocken vorhanden. Der Verlust der einen Glocke entstand durch den 2. Weltkrieg. Die kleinere erhalten gebliebene Glocke wurde 1925 umgegossen.
Die Inneneinrichtung
Der barocke Altaraufsatz stammt aus dem Jahre 1696.
Die Schnitzfiguren in den einzelnen Stockwerken sind älteren Datums und stammen aus verschiedenen Zeitepochen.
In der Predella ist das Abendmahl, im Hauptstock die Kreuzigung und im Oberstock die Himmelfahrt dargestellt.
Die 6 spät- gotischen Schnitzfiguren stellen Maria und Johannes (rechts und links des Hauptstockes) und wahrscheinlich 4 Apostel dar.
Die geschnitzte Kanzel im Renaissancestil entstand 1680. Zwischen vorgestellten Säulen sind die 4 Evangelisten in Bogenstellung angebracht.
Die schöne Kanzel ist mit reichem Beschlagwerkornament ausgestattet.
Die Friese-Orgel (1874) besitzt 6 klingende Register, verteilt auf ein Manual mit angehängtem Pedal. Die Pfeifen sind aus Holz und Zinn, die Prospektpfeife aus Zink.
Die Kirchenbänke, aus Fichten- und Kiefernholz bestehend, haben an ihren Seiten die Anfangsbuchstaben der zum Kirchspiel gehörenden Dörfer. Das Gestühl des Chores und die Seitenempore im Langhaus sind nicht mehr vorhanden. An der Nordwand, ‚an dem Triumphbogen zwischen Chor und Langhaus steht auf einer Konsole der aus Holz geschnitzte Christus als Schmerzensmann mit Dornenkrone, Geißel und Rohr. Die Inschrift gibt zwar das Jahr 1715 an, wahrscheinlich stammt die Figur aber aus dem 15. Jh. Die Fenster der Kirche sind mit ganz unterschiedlichen Verglasungen versehen. Es bestehen Reste der Spitzrautenverglasung im Chorraum sowie im Langsschiff spätere Ergänzungen aus rechteckigen farbigen Antikgläsern. Diese findet man auch im Chor zwischen Spitzrautenverglasungen.
© Text: Jürgen Damm
Förderverein Kirche Kuppentin
Der Erhalt dieser historisch interessanten und schönen Dorfkirche in Mecklenburg, ist dem Förderverein zu verdanken.
Nachdem die Kuppentiner Dorfkirche wegen Einsturzgefahr gesperrt wurde, entstand eine Initiative um sie vom Zerfall zu bewahren.
1995 wurde der“ Förderverein Kirche Kuppentin“ gegründet, dessen Mitglieder durch ihren engagierten Einsatz Stiftungen und Sponsoren dazu bewegen konnten, die für die Renovierung notwendigen Geldmittel bereitzustellen.
Heute sind die Renovierungsarbeiten weitestgehend abgeschlossen, so dass eine vollständige Nutzung wieder möglich ist.
Neben Gottesdiensten, die in der Kirche stattfinden, organisiert der Förderverein kulturelle Veranstaltungen, die nicht nur von Einwohnern der Region Parchim – Lübz – Plau – Goldberg, sondern auch von Touristen gerne besucht werden. Das Angebot umfasst Konzerte, Vorträge, Lesungen und Ausstellungen der Bereiche Malerei, Grafik, Fotografie und des Kunsthandwerkes.
Projekte für die Zukunft
Im Pfarrhaus soll ein Museum zur „Geschichte der Mecklenburgischen Dorfkirchen“ eingerichtet werden, dies soll bis zur Eröffnung der BUGA (Bundesgartenschau) 2009 in Schwerin bewerkstelligt sein.
Die Kirche Kuppentin, Schloss Daschow und Schloss Passow sind Außenstandorte der BUGA 2009 Schwerin.
Geschichtliches: ( Dokument von 1853 )
Die Kirche und Pfarre zu Kuppentin
Die Gechichte der Kirche und Pfarre zu Kuppentin ist für die Geschichte der Stadt Plau
und deren Umgebung insofern von Bedeutung, daß sie in die frühesten Zeiten der Colonisation
jener Gegend hineinführt.
Die Kirche zu Kuppentin, ritterschaftlichen Amtes Lübz, ist ein sehr bemerkenswertes Gebäude in der Gechichte der Baukunst Mecklenburgs. Sie bildet ein langes Oblongum, ohne Sei¬tenschiffe, und besteht aus zwei wesentlich verschiedenen Theilen, einem Schiff im W. und einem Chor im O.
Das Schiff ist aus Feldsteinen (Grantigeschiebe) fest, aber ziemlich plump aufgeführt. Es hat an jeder Seite drei sehr niedrige, im Uebergangsstyle zugespitzte Fenster, welche in der Nordwand von außen und innen ohne Gliederung schräge und glatt einlaufen, in der Südwand aber von innen eine grade Seitenwand haben und von außen in drei rechtwinckligen Absätzen einlaufen.
Die Pforte ist im rohen Uebergangsstyle gewölbt und mit rechtwinkligen Gliederungen eingefußt. Die Länge des Schiffes beträgt ungefähr drei Gewölbe, so daß unter jedem Ge¬wölbe an jeder Seite ein Fenster gestanden hätte; der Raum ist jedoch nicht gewölbt, sondern eine mit einer Balken- und Bretterdecke bedeckt. Dieser Theil der Kirche ist der ältere und die ei¬gentliche alte Kirche, welche zunächst eine kleine Altarnische oder einen anderen Chor hatte, als jetzt. Diese Altarnische ist später weggebrochen und an deren Stelle der jetzige Chor aufgeführt.
Der Chor ist das Merkwürdigste an der Kirche. Er ist offenbar an das Schiff angebaut und daher jünger als dieses, wenn auch nicht sehr viel. Der Chor ist auf einem Fundamente von behauenen Grantiquadern ganz aus Ziegeln aufgeführt und ein für eine Landkirche ungewöhnlich hohes Gebäude von guten Verhältnissen. Es hat eine Länge von drei schmalen Gewölben, wenn man die Altarnische für ein Gewölbe rechnet. Zwischen den Fenstern stehen Strebepfeiler. Die Altarwand ist im Fünfheit construirt; dies ist ohne Zweifel der erste und einfachste, jedoch immer kunstvolle Üebergang von der halbkreisförmigen zur vielseitigen Altarnische. Zu jeder dieser fünf Seiten steht ein sehr hohes, zweigetheiltes, im ersten Spitzbogen, gewölbtes und mit Wülsten verziertes Fenster. Zu den beiden Seitenwänden stehen in jeder Wand zwei ebenso construirte, aber dreigetheilte Fenster; in der Nordwand hat jedoch der dem Altar zunächst stehende Fensterraum kein solches Fenster, sondern in der Höhe eine kerisförmige, jedoch vermauerte Vertiefung (eine Rose), und darunter im Innern drei schmale, fensterartige Nischen im Ueber¬gangsstyle. Im Aeußern ist die Wand glatt, mit Ausnahmen der Rose und einer kleinen flachen überwölbten Nische. Ueber den Fenstern unter dem Dache ist der ganze Chor mit einem Friese von Halbkreisen verziert, der jedoch an eingen Stellen abgeschlagen ist. Das Innere ist dem Schiffe zunächst, mit zwei sehr flachen und schmalen Gewölben bedeckt, welche keine Gurtbogen, sondern nur feine, zugespitzte Näthe an dem Zusammenstoße der Gewölbekappen haben. Die 3 Gewölbe¬kappen über dem Altare sind quadratisch construirt. Alle Schlußsteine sind rund. Die Träger und Pilaster sind sehr zierlich, die Pforte ist ebenso, wie die Fenster construirt, auch nicht sehr ge¬schmückt. Der über das Schiff emporragende westliche Giebel ist mit schmalen, fensterartigen Nischen im Uebergangsstyle verziert. Leider ist dieser ganze hübsche Bau nicht sehr fest und schon früh durch viele hohe Strebepfeiler gestützt; ja durch zwei Strebepfeiler sind zwei Fenster ganz zugedeckt. Schon im Jahre 1486, feria serta post Jubilate, hat der Bischof Conrad zu Schwerin der Kirche „Kuppentin einen Bettel- und Indulgentienbrief gegeben“, wahrscheinlich zur Restau¬ration des Kirchengebäudes.
Dieser Chor ist dadurch interessant, daß er zu den frühesten Bauten im Spitzbogenstyle gehört und die letzten Reste vom Rundbogenstyl in dem Rundbogenfriese und den Gewölben aufzuweisen hat; Der Spitzbogenstyl ist nach allen Verhältnissen und Gliederungen schon vollständig durchge-führt. Vielleicht giebt es in Mecklenburg kein Gebäude im ausgebildeten Spitzbogenstyle, welches noch so klare Ueberreste vom Rundbogenstyle hat.
Wahrscheinlich ist das Schiff als erste Kirche bei der Einführung des Christentums, der Chor um die Mitte des 13. Jahrh: bei der Befestigung der Christlichen Cultur angebaut.
Am Alterthümern besitzt die Kirche nichts. Der Altarstein, von Ziegeln, ist noch alt; er besitzt noch die Höhlung für die Reliquien und die Weiheurkunde: Die Höhlung ist mit einer viereckigen Felsenplatte zugelegt, aber früher schon geöffnet, und die Höhlung ist leer. Außer-dem sind noch die bischöflichen Weihkreuze auf dem Altare bemerklich.
Der Thurm ist nur aus Holz gebaut. Von den Glocken ist die eine alt, jedoch ohne alle Verzierungen, die zweite jung.
Die Pfarre Kuppentin ist alt und hatte in den frühesten Zeiten einen Sprengel von un-gewöhnlich großer Ausdehnung, so daß er den größten Theil des Raumes zwischen den Städ¬ten Plau, Goldberg und Lübz, die zwar zur Zeit der Stiftung der Kirche zu Kuppentin noch nicht gegründet waren, füllte. Schon am 3ten August 1235 bestätigte der Bischof Brunwald von Schwerin die Kirche Kuppentin und bestimmte namentlich die, die zu ihrem Sprengel gehören sollten:
Kuppentin (Kobandin), Wessentin (Wazutyn), Brook (Bruk), Bobzin (Babazyn) Weisin, Zähren (Syarnitze), Kressin (Krosyna), Plauerhagen? (nova villa Guthani), Groß-Poserin, Klein-Poserin (duo Posirina), Penzlin (Pentzarin), Daschow (Dar-sekow) und Glin (indago Glyna). Diese Dörfer sind fast alle noch heute zu erkennen. Die nova villa Guthani (das neue Dorf Guthans) ist nicht mehr bekannt, ist aber wahrscheinlich Plauerhagen, das dieses Dorf im 16. Jahrh. als Filial von Kuppentin erscheint. Der Hagen (indago) Glin ist ohne Zweifel das Dorf Gallin, welches dem Kloster Doberan seit dessen Stiftung gehörte und daher wohl als Hägerdorf colonisirt war, wie das Cistercienserkloster Doberan viele Hagen¬dörfer hatte.
Diese unmäßig große Pfarre, welche 5 Kirchen hatte, nämlich Kuppentin mit den 4 Filialen Poserin, Glin, Zähren und Plauerhagen, wird schon früh zerstückelt. Zuerst, und schon sehr früh, ward die Pfarre Poserin mit Gr-Poserin, Kl-Poserin und Kressin abgenommen und dazu die Pfarre Karow mit dem Filial Damerow gelegt, welche im Mittelalter eine eigene Pfarre bildete. Andere Dörfer kamen zu den benachbarten Pfarren: Wessentin und Brook zur Pfarre Barkow, Bobzin zur Pfarre Lübz, Weisin zur Pfarre Benthen. Dagegen kam Zarchelin, welches noch im 16. Jahrh. zur Pfarre Quetzin gehörte, die seit alter Zeit eine selbstständige Pfarre bildete, zum Kuppentiner Filial Plauerhagen.
Die frühere Filialkirche zu Gallin oder Glin war im Mittelalter eine Kapelle. Sie war kurz vor dem 20ten May 1354 erbauet und von dem Bischöfe Andreas von Schwerin geweihet, auch mit einem Kirchhofe versehen, auf welchem jedoch nur Fremde und Wanderer, die dort sterben würden, begraben werden sollten, und der auch zum Asgle (?) (ad defensionem) dienen könnte. Uebrigens sollte der Pfarrer in der Kapelle jährlich vier Male Messe lesen, sonst aber die Dorfschaft mit allen kirchlichen Handlungen an die Mutterkirche zu Kuppentin gebunden bleiben. Jetzt ist schon lange keine Spur mehr von der Kirche vorhanden.
Dieser Aufsatz über die Kirche zu Kuppentin rindet sich im 17. Jahrgange der Jahrbücher des Vererins für Mecklenb. Geschichte und Alterthumskunde von Lisch u. Beyer 1852.
Es scheint mir wünschenswerth, daß dieser Aufsatz zu den Pfarraeten von Kuppentin kommt, u. übermittle ich denselben für diesen Zweck an den Herrn Pastor Walter zu Kuppentin.
Teschow bey Teterow
21. Jan. 1853 Emst von Blücher
Landrath auf Kuppentin als Mitpatron der Kirche daselbst